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Hanna Lampe 1898 - 1996


 

Nachruf im Weserkurier zum Tode am 12.07.1996

Hanna Lampe ist gestorben

Heimatforscherin und Pagentornerin

(ts) Ihren 99. Geburtstag erlebt Hanna Lampe nun nicht mehr. Die große alte Dame der bremischen Heimat- und Familienforschung ist sanft entschlafen - zu Hause, wie sie es sich gewünscht hatte. Kurz zuvor war sie noch im Krankenhaus gewesen. Telefonisch beantwortete sie bis in die letzte Zeit hinein die Fachfragen, die auch weiterhin an sie herangetragen wurden.

Hanna Lampe ist auf dem Wischhof in Hastedt aufgewachsen, in der einstigen Bauernschaft Pagentorn. Nachweislich schon seit dem 17. Jahrhundert war ihre Familie dort ansässig, und da die Lampes bis zur Inflation wohlhabend waren, lernten die junge Hanna und ihre Schwester keinen Beruf, was das spätere Leben nicht eben leichter machte.

Daß es trotzdem gelang, das geliebte Anwesen über die schwierigen Zeitläufte hinwegzuretten, erfüllte Hanna Lampe mit berechtigtem Stolz. Die eigene Familiengeschichte wurde ihr erstes Spezialgebiet. Über den "Verband der Familien Lampe" hielt sie 1934 in Hannover einen vielbeachteten Vortrag, auf den hin ihr ein Zuhörer dringend empfahl, sie müsse Mitglied bei der „Maus" werden, der bremischen Gesellschaft für Familienforschung. Der Gesellschaft für Vorgeschichte, dem Verein für Niedersächsisches Volkstum und der Historischen Gesellschaft gehörte sie damals bereits an.

Weil Hanna Lampe - seit 1950 - viel publiziert hat, sei hier nur eine Auswahl angeführt. So gibt es von ihr Untersuchungen über den Barkhof und die Pagentorner Bauernschaft, über bäuerliche Hastedter Hausmarken, Jan Mallör, Grenzzwischenfälle im Osten von Bremen, einen Aufruhr der Schneidergesellen, das Ratsgeschlecht Balleer, das Rembertistift. Bei ihren zahlreichen Vorträgen erwies .sie sich als großes Erzähltalent.

Bei der „Maus" im Staatsarchiv wurde Hanna Lampe mit ihren Auskünften zu einer Institution. Die kluge und zurückhaltende Frau mit dem feinen Humor und dem enormen Wissen genoß großes Ansehen.

Für ihr Buch über „Die Dörfer Schwachhausen und Hastedt" wurde der damals Zweiundachtzigjährigen im Dezember 1979 der Bremer Preis für Heimatforschung verliehen. Kurz vor ihrem 88. Geburtstag erhielt sie - bei einem Senatsempfang anläßlich des 37. Deutschen Genealogentages - im Ratskeller das Bundesverdienstkreuz l. Klasse.


Ute Domdey: Riensberger Gräber erzählen, Bremen 1997

Biografie im Bremer Frauenmuseum

 


 

"Die Dörfer Hastedt und Schwachhausen"

Verlag Heinrich Döll - Bremen 1981


Familiengeschichte in Norddeutschland in Verbindung mit der Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde Heft 3/1992

Hanna Lampe - 95 Jahre
 

Wer sich auf Physiognomie versteht, wird es leicht haben, die Gesichtszüge der abgebildeten Hanna Lampe zu deuten, die hier, auf dem ihr seit Jahrzehnten schon im Arbeitsraum der »Maus« angestammt gewesenen Stuhl im Bremer Stadtarchiv sitzend, etwas überrascht den unerwarteten Fotografen vor sich sieht.


In diesem liebenswerten Gesicht spiegelt sich die ganze Fülle ihrer grenzenlosen Hilfsbereitschaft, ihrer Güte und Bescheidenheit wieder. Ihr Bild drückt Zufriedenheit, verhaltenes Glück, vielleicht auch ein wenig Stolz aus auf die im Laufe eines langen und begnadeten Lebens gewonnenen Erfahrungen und das reichlich angesammelte Wissen, mit denen sie unendlich hilfreich und nützlich sein durfte.
 

Mit diesen großartigen Gaben ausgestattet, wurde unsere allseits hochgeschätzte Jubilarin schon zu ihren Lebzeiten zu einer fast bereits legendären und stadtbekannten Persönlichkeit unseres Gemeinwesens. Zwei Dinge spielten in ihrem Leben eine beherrschende Rolle: die Verbundenheit zu ihren Wurzeln, dem väterlichen Wischhof in der ehemaligen Bauernschaft Pagentorn in Hastedt, wo sie in tiefer Heimattreue ihr Leben bis zum heutigen Tag verbrachte, und ihr unermüdlicher Einsatz für die Geschichts- und Familienforschung, wobei ihr besonders in den letzten Jahrzehnten vornehmlich die Familienforschung zur Lebens- und Glückerfüllung wurden.
 

Bis vor gar nicht langer Zeit war sie noch rastlos forschend, helfend und beratend in sich selbstauferlegter Pflichterfüllung im Staatsarchiv tätig gewesen, und sie wäre es immer noch, wenn nicht die zunehmende, altersbedingte Sehschwäche ihr zwangsweise Grenzen gesetzt hätte.
 

Daß sie trotz allem ihre Hilfs- und Beratertätigkeit mit gleichem Eifer am häuslichen Telefon fortsetzte, ist für die Jubilarin und deren Lebens-, Pflicht- und Arbeitsfreude bezeichnend.

Als unerschöpfliche Quelle heimat- und familienkundlichen Wissens und als erstaunliches Langzeitgedächtnis-Phänomen sprudelt ihr reger Geist wie eh und je.
 

Als die »letzte Pagentornerin« - wie sie sich selbst gern bezeichnet - hat Hanna Lampe allein 58 Jahre im freiwilligen Dienst für »die Maus« die Dorf- und Familiengeschichten bremischer Bauernschaften wie auch ungezählte bremische Familien in mühevoller Arbeit zusammengestellt und archiviert.
 

Aus der einstigen Autodidaktin wurde so die rührige Heimatkundlerin, die sachkundige Historikerin, die begabte Erzählerin, Schriftstellerin und anerkannte Buchautorin, die 1979 für ihre geschichtliche Abhandlung über »Die Dörfer Hastedt und Schwachhausen« mit dem Bremer Preis für Heimatforschung ausgezeichnet wurde.
 

Mit ihren zahlreichen umfangreichen und kleineren Ausarbeitungen, Aufsätzen, Erzählungen und Vorträgen, die zum großen Teil in den Bremischen Jahrbüchern der Historischen Gesellschaft, in den Zeitschriften »Heimat und Volkstum«, »Norddeutsche Familienkunde« u. a. gedruckt erschienen, hatte sie eine breite Öffentlichkeit erreicht und eine dankbare Leserschaft gefunden (siehe Titelliste u. a. i. d. »Norddeutschen Familienkunde«, Heft 3/1987, S. 159/60).
 

Hanna Lampes große Verdienste wurden mit vielen Ehrungen, Berufungen und Auszeichnungen, wie der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, gewürdigt, nicht zuletzt aber durch die große Wertschätzung Tausender von Menschen, die mit ihr zu tun hatten und deren Liebe ihr gehörten.
 

Unsere besten und tiefempfundenen Wünsche begleiten Hanna Lampe in ihr weiteres Leben. Mögen ihr noch lange Gesundheit und Lebensfreude erhalten bleiben.
 

»Die Maus«, Gesellschaft für Familienforschung e. V, Bremen, und die Historische Gesellschaft in Bremen geben gemeinsam ihrem geliebten Ehrenmitglied Hanna Lampe zu Ehren am Tage ihres 95. Geburtstages am 9. Oktober 1992 um 10.30 Uhr einen festlichen Empfang in der Vorhalle des Staatsarchivs in Bremen, zu dem wir alle diejenigen Mitglieder unserer Gesellschaften einladen möchten, die das Bedürfnis haben, der Jubilarin an diesem Tage für ihr segensreiches Wirken persönlich zu danken.

Wolfgang Bonorden (HB)
 


Webseite der MAUS